Do NOT live everyday like it’s your last

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Wirklich jeder hat mindestens einmal den Satz „Lebe jeden Tag als wär’s dein letzter“ gehört. Der ein oder andere hat vielleicht sogar versucht, danach zu leben. Doch während die unterschwellig gemeinte Botschaft, man solle sein Leben in vollen Zügen genießen, wunderbar ist, hat der direkte Sinn dieses Mottos eher etwas Furchteinflößendes…

Stelle dir vor, du hättest nur noch 24 Stunden zu leben. Der Countdown beginnt genau jetzt. Dir bleiben nur noch 23 Stunden 59 Minuten und 56 Sekunden, dann bist du tot. Deine Existenz wäre vorbei, deine Familie siehst du nie wieder, deine Freunde auch nicht. Alles, was dir lieb geworden ist, wird für immer weg sein. Alles, was du noch machen wolltest, die großen Pläne die du hattest, kannst du unmöglich in die verbliebenen 23 Stunden 59 Minuten und 40 Sekunden packen. Du spürst, wie sich dein Brustkorb verengt. Deine Schnappatmung lässt dich schwindelig werden. Alles dreht sich. Du fühlst dich wie bei einer Prüfung, für die du nicht gelernt hast, von der du nicht einmal wusstest, dass du sie schreiben wirst. Naja, du wusstest es schon, dass du sie irgendwann schreiben würdest – IRGENDWANN, aber nicht JETZT. Eine Deadline, die ganz plötzlich eintrat – unvorbereitet. Wie unfair! Warum ich? Niemandem geht es so. Nach den 23 Stunden 59 Minuten und 15 Sekunden wird die Welt genauso existieren, wie bisher. Alle werden noch da sein. Sie werden ihr Leben weiter fortsetzen. Ihren Wünschen und Träumen nachgehen. Sich glücklichen, zauberhaften Momenten hingeben. Sie werden sich weiterentwickeln. Eine Karriere aufbauen, vielleicht eine Familie gründen, berühmt werden, die Welt bereisen, Abenteuer erleben. Sogar dein nervigster Bekannter, der seit Jahren nicht arbeitet, seine Ausbildungen abgebrochen hat, vom Staat lebt und alles versäuft. Dieses widerwärtige Stück Scheiße, der kein Fliegendreck wert ist, wird noch da sein und weiterhin nichts tun – aber du nicht. Und das obwohl du so viel für deine Zukunft getan hast oder noch tun wolltest. Obwohl du gerade erst diesen wundervollen Job ergattert hast. Obwohl du schon für nächstes Jahr einen aufregend exotischen Urlaub geplant hast. Obwohl du noch so viel Neues ausprobieren wolltest. Deine Laune liegt in Scherben, genau wie deine Motivation. Du willst es gar nicht wahr haben, es zerreißt deinen Kopf. Nur noch 23 Stunden 58 Minuten und 17 Sekunden. OH GOTT…

…ok, ganz ruhig. Wenn schon, denn schon. Wenn mir nur noch so viel bleibt, dann will ich so viel erleben, wie nur möglich. Von der Bucket List streiche ich alles, was in der Zukunft liegt. Ich arbeite nicht mehr an meiner erfolgsversprechenden Karriere. Ich gehe nicht einmal zu Arbeit – es gibt bessere Wege die letzten 23 Stunden 58 Minuten und 04 Sekunden zu verbringen. Das Buch, an dem ich seit einem Jahr arbeite und welches so kurz vor dem release steht? Das hat ebenfalls keine Priorität mehr. Auch eine Familie gründet sich nicht in 23 Stunden 57 Minuten und 55 Sekunden. Was bleibt, sind die Dinge, die ich sofort konsumieren, organisieren oder erleben kann. Heute werde ich mein Leben so hart wie möglich feiern und so intensiv wie möglich leben. Mein gesamtes Vermögen, mein Erspartes, alles, was ich je geerbt oder geschenkt bekommen habe, werde ich auf den Kopf hauen. An Sparen brauche ich gar nicht mehr zu denken. Ich esse was ich will und so viel ich will. Vielleicht zünde ich mir sogar… ach, fuck drauf, heute gibt es kein vielleicht. Jede Aktivität, der Gedanke, jede Idee, die sich mir in den Kopf bannt, wird ausgelebt und genossen. Ich werde rauchen und trinken. Shit, eigentlich wollte ich schon immer mal Ecstasy probieren… oder Speed? Ich könnte alles nehmen, was ich will. Auch das Gummi kann ich weg lassen, ohne fühlte es sich eh besser an. Ich werde den Tag ausschließlich mit Menschen verbringen, die mit mir feiern würden, die die unkompliziert sind. Meiner Familie erzähle ich nichts, sonst heulen die mich voll und vermiesen mir die Laune. Meine letzten 23 Stunden 57 Minuten und 14 Sekunden werde ich kein Trübsal blasen. Über das Gesetz muss ich mir auch keine Gedanken machen. In 23 Stunden 57 Minuten und 09 Sekunden würde ich es nicht mal bis in den Knast schaffen, außerdem müssten mich die Bullen ja erst einmal kriegen. Wenn ich Lust habe, kann ich also jedes Gesetz brechen, was mir in den Sinn kommt. Geldbußen existieren nicht mehr für mich. Gericht oder Verurteilungen erst recht nicht. Ich wollte schon immer mal sehen, wie jemand stirbt. Diese dünne Linie zwischen Leben und Tod zu betrachten, hautnah zu erleben. Über Leben und Tod zu entscheiden. Ich würde nicht einmal Konsequenzen tragen. Außerdem ist es nur gerecht, dass ich mindestens ein Leben nehmen darf. Immerhin werde ich meins in 23 Stunden 56 Minuten und 41 Sekunden verlieren, während alle anderen weiter leben dürfen. All die Arschlöcher dieser Welt dürfen weiter leben und ich nicht…..

 

Dies ist nur eins vieler möglicher Szenarien. Doch es gibt grundlegende Dinge, die das Verhalten eines Menschen in seinen letzten 24 Stunden prägen würden (vorausgesetzt er ist nicht bereits alt und/oder gesundheitlich eingeschränkt):

Es würde sich Panik in ihm ausbreiten. Denn das plötzlich auftretende Ende seines Lebens wäre im wahrsten Sinne des Wortes eine Deadline. Deadlines, vor allem die, die unvorbereitet auftreten, setzen uns unter Druck und bereiten uns Ängste. Doch der Gedanke, an das Endgültige oder Unvorstellbare, bereitet uns enormes Unbehagen. Wir verfallen in einen depressiven Zustand, da wir mit der Situation nicht fertig werden und sie ausweglos ist. Als nächstes kommt der Gedanke „Warum ich?“. Man fühlt sich vom Schicksal ungerecht behandelt, vor allem, wenn man weiß, dass man alleine diesen „Weg“ gehen muss und alle anderen weiterleben werden. Man hat das Gefühl, dass es unfair ist, da es andere Menschen gibt, die es weniger verdient hätten weiterzuleben, als man selber. Aus Trauer wird Verzweiflung und Wut.

Wenn dann der Moment erreicht wird, wo man sich entscheidet, die letzten Stunden im maximalen Konsum und Genuss zu verbringen und so vieles auf der Bucket List abzuhacken, wie nur möglich, treffen folgende Punkte zu:

  1. Man beschränkt sich ausschließlich auf die sofort oder schnell konsumierbaren Produkte oder unternehmbaren Aktivitäten. Alles, was wir heute sähen, um in der Zukunft erst zu ernten, wird nicht betrachtet. Große Projekte werden nicht wahrgenommen.
  2. Ferner macht man sich überhaupt keine Sorgen, um seine Zukunft. Man geht nicht mehr zur Arbeit, treibt keinen Sport, achtet nicht auf die Ernährung oder mögliches Suchtverhalten. Aber vor allem achtet man nicht auf Moral oder schlechtes Gewissen. Gesetze können missachtet werden, ja sogar abscheuliche Verbrechen begangen werden. Denn Konsequenzen gibt es nicht.
  3. Daraus folgt, dass man ein selbstzerstörerisches Verhalten an den Tag legt.

 

Nun stell dir vor, dass du jeden Tag so leben würdest. Stell dir vor ALLE würden so leben….

Kein sonderlich erfreuliches Szenario, oder? Auch die Zukunftsperspektive schaut gar nicht gut aus. Denn im Leben gilt:

 

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